Der Sommer hatte die Stadt im Griff. Selbst spätabends war es noch warm. Die Fenster waren geöffnet, Ventilatoren summten, und aus den Hinterhöfen klangen leise Gespräche und das Klirren von Gläsern.
Tom lebte im vierten Stock eines Altbaus. Kleine Wohnung, aber mit einem Balkon – sein Rückzugsort. Er saß oft dort, Shirtlos, mit einem Buch in der Hand und einem kalten Drink. Genau wie jetzt.
Er sah sie zum ersten Mal an einem Donnerstagabend. Balkon gegenüber, anderes Haus, selbe Höhe. Sie trug ein weißes Leinenkleid, die Haare locker, ein Glas Rotwein in der Hand. Barfuß. Elegant, aber unaufdringlich.
Sie sah ihn auch. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Kein Lächeln, kein Winken – nur ein stilles Erkennen.
Am nächsten Abend war sie wieder da.
Er hob sein Glas. Sie ebenfalls.
Und dann, am dritten Abend, rief sie:
„Wieso sitzen wir eigentlich allein hier drüben?“
Er zögerte. Lächelte. „Gute Frage.“
Sie lachte leise, stand auf, verschwand in der Wohnung – und zehn Minuten später klingelte es bei ihm. Ein luftiges Sommerkleid, das an den Schultern leicht verrutschte. Der Rotwein in der Hand.
„Ich bring den besseren Jahrgang mit“, sagte sie.
Sie hieß Mia. War neu in der Stadt. Schriftstellerin, wie sie sagte – oder Träumerin mit einem Notizbuch. Sie setzte sich auf seinen Balkon, zog die Füße an, und sie sprachen über alles – über Bücher, über Hitze, über Nächte ohne Schlaf.
Irgendwann war das Gespräch kein Gespräch mehr. Sondern nur noch Blicke. Ihre Finger ruhten auf seinem Unterarm. Seine Augen auf ihrem Schlüsselbein, das sich leicht hob, wenn sie atmete.
Sie kam näher. Kein Zögern. Nur Hitze, Neugier – und dieses fast kindliche Staunen, das entsteht, wenn zwei sich berühren und die Welt kurz aufhört, sich zu drehen.
Ihre Lippen trafen sich langsam. Kein hungriges Aufeinandertreffen. Sondern weich. Warm. Seine Hand an ihrem Rücken, ihre Finger in seinem Nacken.
Der Balkon war in Dunkelheit getaucht. Nur die Lichter der Stadt warfen silberne Muster auf ihre Haut.
Sie zog ihn mit sich – auf den Boden, zwischen Kissen und halb geleertes Weinglas. Ihre Körper fanden einander, ganz ohne Eile. Ihre Haut war warm vom Tag, ihr Atem flach.
Sie streichelte ihn, erforschte ihn wie eine neue Seite in einem Buch, das sie nicht zu schnell lesen wollte. Ihre Bewegungen waren sanft, aber bestimmt. Er ließ sich von ihr führen, von ihren Lippen, ihren leisen Geräuschen, ihrem Rhythmus.
Sie bewegten sich miteinander – nicht gegeneinander. Kein Drang, kein Ziel. Nur Nähe. Sinnlichkeit, die nicht laut sein musste. Seine Hände auf ihrer Taille, ihr Körper unter seinen – dann über ihm. Leicht, verspielter Ernst.
Als der Wind später auffrischte und die ersten kühlen Luftzüge durch das Viertel zogen, lagen sie noch dort. Eng ineinander. Ihre Stirn an seiner, ein Lächeln auf ihren Lippen.
„Ich mag heiße Nächte“, flüsterte sie.
„Ich auch. Noch mehr seit heute.“